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Kadare nimmt Literatur an die Kandare: Meister (a)politischer Ambivalenz verstorben

Verfasst von Urs Scheidegger |

Kadare, wusste, wie man seine Schreibe an die Kandare nehmen musste, um in politisch missliebig-beliebigen (oder auch: beliebig-missliebigen) Umfeldern zu bestehen. Nun ist der mehrjährige Literaturnobelpreis-Anwärter und Diktator-Verklärer 88jährig gestorben.

Von unerschiedlichen Strategien hat Ismail Kadare, der 1995 Gast an den Solothurner Literaturtagen war, Zeugnis abgelegt, wie man als Autor in Diktaturen (über)leben kann: gar nicht schreiben – regierungskonform schreiben – an Regierung vorbei schreiben, will heissen: schreibe, als wärest du ein freies Individuum und bleibe bedarfsweise für Ost und West interessant. Kadare erwies sich als Meister des Letzteren, sein Werk wurde in ein halbes Hundert Sprachen übersetzt – und fand mit Egon Ammann auch einen engagierten Verleger in der Schweiz. Obwohl sich Ismail Kadare nie als politischer Autor verstanden wissen wollte, widerfuhr ihm literatisch Meisterliches («Der General der toten Armee») und literar-politisch gar Peinliches voller Nationalstolz («Das verflixte Jahr»). Ebenso ambilvalent wie flexibel verstand er es, sein früheres Werk aus stalinistischen Zeiten zu beschönigen und die eigene Vergangenheit zurechtzubügeln.

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